- Ausländische Exporteure und US-Verbraucher zahlen in mehr als drei Viertel der Produkte (77 %) die Zeche im Handelskrieg; US-Unternehmen nur bei 23 %
- Steigende Kluft: Einige Produkte verteuern sich stärker als die tatsächlichen Importkosten es erwarten ließen, beispielsweise Möbel, Autos, Bekleidung, Schmuck und Schuhe
- Insbesondere US-Großhändler geben höhere Kosten einfach weiter, um ihre Margen zu erhalten
Hamburg, 19. September 2025 – Die Verbraucherpreise in den USA dürften mit dauerhaften Zöllen auf importierte Waren und wichtige Vorleistungen in der zweiten Jahreshälfte steigen. Die aktuelle Analyse des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade geht davon aus, dass amerikanische Einzelhändler und Hersteller ihre Preise für Autos, Elektronik, Möbel und Textilien in der zweiten Jahreshälfte 2025 weiter erhöhen werden. Das bleibt nicht ohne Folgen: Das Wachstum der Einzelhandelsumsätze in den USA dürfte sich im nächsten Jahr auf knapp unter +2 % verlangsamen, und das Einzelhandelsvolumen dürfte nur um 1 bis 3 % steigen, da sich die Auswirkungen auf die Verbraucherpreise zunehmend bemerkbar machen. Neben den US-Verbrauchern zählen häufig auch ausländische Exporteure zu den Verlieren.
„Die eindeutigen Verlierer im Handelskrieg sind US-Verbraucher und ausländische Exporteure. Sie zahlen in den meisten Fällen am Ende die Zeche“, sagt Ano Kuhanathan, Head of Corporate Research bei Allianz Trade. „Noch sind die Auswirkungen auf die Nachfrage relativ gering, aber das dürfte sich mit weiteren Preissteigerungen in der zweiten Jahreshälfte ändern. Die Gewinner und Verlierer variieren allerdings je Branche und Produktsparte.“
Gewinner und Verlierer: Ungleiche Last bei Verteilung der Zoll-Kosten
Vergleicht man Importpreise mit den tatsächlichen Verkaufspreisen dieser Güter in den USA, zeigt sich, dass die Zölle nur in seltenen Fällen von den Importeuren getragen werden. US-Unternehmen übernehmen lediglich für weniger als ein Viertel (23 %) der Produkte höhere Kosten, hauptsächlich im Agrar- und Lebensmittelsektor wie beispielsweise Frühstückscerealien, Süßigkeiten und Kekse und Milchprodukte. Dies dürfte auf den starken inländischen Wettbewerb und die preissensiblen Verbraucher in diesen Kategorien zurückzuführen sein.
In 77 % der Fälle müssen entweder die ausländischen Exporteure oder die US-Verbraucher die Zoll-Mehrkosten schultern. Ausländische Exporteure haben vor allem bei Tierfutter, Zucker, Papier, Snacks, Tiefkühlkost und Nudeln ihre Verkaufspreise gesenkt und absorbieren so die zusätzlichen Zollkosten. Gleichwohl bleiben bei vielen Produkten auch an Verbrauchern viele Mehrkosten hängen – in manchen Fällen sogar noch zusätzliche opportunistische Preiserhöhungen von US-Unternehmen mit großer Preissetzungsmacht.
Einige Produkte verteuern sich stärker als die Importkosten
„Insbesondere bei Kaffee, Getränken, Unterhaltungselektronik, Bekleidung, Sportartikeln, Spielzeug und Schmuck sind die Endverbraucherpreise in den USA stärker gestiegen als die Importkosten“, sagt Kuhanathan. „Nach unseren Schätzungen dürften Verbraucher insbesondere für Waren wie Möbel 3,6 % und für Autos, Bekleidung, Schmuck und Schuhe 1,2 % bis 2,3 % mehr bezahlen als aufgrund der Importkosten zu erwarten war.“
Selbst in eher nischenhaften Kategorien wie Wein zahlten die Verbraucher fast ein Prozent mehr als die Importpreise suggerieren würden.
Insbesondere Großhändler geben höhere Preise einfach weiter
Diese Entwicklung zeigt sich mitunter auch in den Unternehmensgewinnen im US-Einzelhandel, die teilweise deutlich gestiegen sind. Die operativen Margen der US-Großhändler stiegen im zweiten Quartal 2025 auf 3,7 % gegenüber 1,8 % im ersten Quartal, die der Lebensmitteleinzelhändler von 3,5 % auf 4,6 %. Im Gegensatz dazu verzeichneten amerikanische Discounter im vergangenen Quartal kaum Veränderungen in ihrer Rentabilität. Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen, die sich nicht auf extrem niedrige Preise konzentrieren – oder solche, die eher Geschäftskunden als Verbraucher bedienen –besser in der Lage waren, höhere Kosten weiterzugeben.
„Dies zeigt aber auch, dass Teile der Lieferkette höhere Preise einfach weitergeben – zumindest über einen gewissen Zeitraum – um ihre eigenen Gewinne zu bewahren oder auszubauen“, sagt Kuhanathan. „Aufgrund der Marktstruktur dürften insbesondere US-Großhändler ihre höheren Margen länger durchsetzen können und so doppelt zu profitieren.“
Unternehmen absorbieren Mehrkosten bei Arzneimitteln und Süßigkeiten
In einigen Fällen führten der harte Wettbewerb und die Kostenübernahme durch die Importeure dazu, dass die tatsächlichen Preissteigerungen unter den Prognosen lagen. So kosteten beispielsweise Arzneimittel und Süßwaren weniger als aufgrund der Importpreisinflation zu erwarten gewesen wäre. Insbesondere wenn Verbraucher zahlreiche inländische Alternativen haben oder die Preissetzungsmacht der Unternehmen eher schwach ist, schlucken die US-Unternehmen einen Teil oder die gesamten Zölle, um ihren Marktanteil zu erhalten. Das zeigt: Die Weitergabe der Zölle ist über Branchen und Produktsparten sehr ungleichmäßig verteilt.
Die vollständige Analyse (ENG, pdf) finden Sie beigefügt und hier:
https://www.allianz-trade.de/content/dam/onemarketing/aztrade/allianz-trade_de/presse/2025-09-18-allianz-trade-studie-handelskrieg.pdf