Wollen wir es uns nicht leisten, die Natur zu retten?

12. November 2025 - Zusammenfassung

Ohne einen gesunden Planeten sind Klimaziele nicht erreichbar. Doch das Naturkapital und die Ökosystemleistungen verschlechtern sich in alarmierendem Tempo. Der Living Planet Index zeigt einen Rückgang der Wildtierpopulationen um 73 % in den letzten fünf Jahrzehnten. Ohne rasche Maßnahmen zur Eindämmung und Umkehrung des Biodiversitätsverlusts werden die Ökosysteme, die Nahrung, Wasser, Klimastabilität und Wirtschaftswachstum sichern, weiter erodieren.

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Die Natur bildet die Grundlage für mehr als die Hälfte des globalen BIP. Der anhaltende Verlust der biologischen Vielfalt könnte das globale BIP bis 2030 um 2,3 % senken, verglichen mit einer Basislinie, bei der die biologische Vielfalt auf dem Niveau von 2020 bleibt, mit weitaus gravierenderen Auswirkungen auf die Entwicklungsländer (-7 % bis -10 %). Zu den Ursachen zählen Entwaldung, Umweltverschmutzung, intensive Landwirtschaft und Klimawandel. Diese Risiken wirken sich in zweierlei Hinsicht aus: als physische Risiken, da Ökosystemleistungen wie Bestäubung und Wasserregulierung versagen, und als Übergangsrisiken, da politische, marktbezogene und verbraucherbezogene Veränderungen die Compliance-Kosten erhöhen, Vermögenswerte wertlos machen und die Wettbewerbsfähigkeit verändern. Der ökologische Niedergang ist mittlerweile eine direkte makrofinanzielle Bedrohung.

Das Half-Earth-Szenario, das den Schutz von 50 % der Landfläche der Erde vorsieht, bietet einen mutigen Weg zur Wiederherstellung kritischer Ökosysteme. Durch den großflächigen Schutz von Landflächen würde die Biodiversität wieder auf das Niveau von 2010 gebracht. Ein solcher Übergang ist mit Anpassungskosten verbunden: Bis 2050 könnte die weltweite Anbaufläche um 11 % schrumpfen, was zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise um 15 % und des globalen Verbraucherpreisindex um 24 % führen würde, wobei die Auswirkungen auf das BIP in den Entwicklungsländern (bis zu -19 %) stärker wären als in den Industrieländern (rund -4 %). Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Schutz der biologischen Vielfalt zwar von entscheidender Bedeutung ist, jedoch mit integrativen Strategien für den wirtschaftlichen Wandel einhergehen muss, um eine Verschärfung der globalen Ungleichheit zu vermeiden. Diese Kosten sind jedoch weitaus geringer als die Verluste, die durch einen ungebremsten Rückgang der Natur entstehen würden. So würde beispielsweise der Verlust einer einzigen Ökosystemleistung wie der Bestäubung größere Schäden verursachen als groß angelegte Naturschutzmaßnahmen in wichtigen Volkswirtschaften wie Europa, Großbritannien und den USA.

Die Ausweitung von Schutzgebieten allein kann keine Erholung bewirken. Auf der Angebotsseite kann eine nachhaltige Intensivierung durch regenerative Landwirtschaft, Präzisionslandwirtschaft, Bodenwiederherstellung und Diversifizierung der Kulturen die Erträge steigern, ohne die Anbauflächen zu vergrößern. Der weltweite Handel mit zertifizierten nachhaltigen Rohstoffen kann den Druck auf Biodiversitäts-Hotspots verringern und gleichzeitig den Marktzugang für Produzenten in Entwicklungsländern aufrechterhalten. Auf der Nachfrageseite sind eine Umstellung auf pflanzenreiche Ernährung und ein geringerer Fleischkonsum sowie die Reduzierung von Lebensmittelabfällen entscheidend, um Flächen für die Wiederherstellung freizumachen und Emissionen zu senken. Simulationsmodelle zeigen, dass isolierte Maßnahmen nur begrenzte Erfolge erzielen, aber wenn Naturschutz, nachhaltige Produktion und verantwortungsbewusster Konsum gemeinsam vorangetrieben werden, wird sich der Living Planet Index bis 2100 mehr als verdoppeln und die Biodiversität auf ein Niveau über dem von 1970 zurückbringen.

Die Schließung der jährlichen Finanzierungslücke von 700 Milliarden US-Dollar für die Biodiversität ist von entscheidender Bedeutung. Derzeit belaufen sich die Finanzströme auf insgesamt nur 143 Milliarden US-Dollar, obwohl private Investitionen dank neuer naturorientierter Fonds, Kreditinstrumente und grüner Anleihen rapide von 9,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 auf über 100 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024 gestiegen sind. Das Globale Rahmenwerk für Biodiversität von Kunming-Montreal strebt internationale Finanzströme in Höhe von 20 Mrd. USD pro Jahr bis 2025 und 30 Mrd. USD bis 2030 an. Um dies zu erreichen, sind jedoch eine erhebliche Ausweitung der Mischfinanzierung, stärkere politische Anreize und standardisierte Biodiversitätstaxonomien zur Steuerung des Kapitals erforderlich.

Die Finanzierung wird darüber entscheiden, ob die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt gelingt, und die Versicherer stehen dabei an vorderster Front. Sie können Wiederherstellungsprojekte versichern, ökosystembasierte Deckungen anbieten und Übergangsprodukte schaffen, die nachhaltige Praktiken belohnen. Durch die Bewertung und den Schutz natürlicher Vermögenswerte schützen sich Versicherer auch vor den steigenden physischen und haftungsrechtlichen Risiken des ökologischen Niedergangs, wie z. B. Hochwasserschäden durch die Degradation von Feuchtgebieten oder gestrandete Vermögenswerte aufgrund verschärfter Vorschriften. Auch Investoren engagieren sich zunehmend. Fonds mit dem Schwerpunkt Biodiversität haben mittlerweile ein Volumen von über 1,6 Milliarden US-Dollar, während Portfoliomanager zunehmend Instrumente wie den Global Biodiversity Score nutzen, um Investitionen mit Naturschutzzielen in Einklang zu bringen. Öffentliche Programme verstärken diese Bemühungen: Das EU-Programm InvestEU zielt darauf ab, 10 Mrd. EUR für Naturkapital zu mobilisieren, und die französische Initiative SNCRR baut Märkte für Biodiversitätskredite auf. Um die Ziele von Kunming-Montreal zu erreichen, darunter 200 Mrd. USD pro Jahr für Biodiversitätsfinanzierung bis 2030, müssen Finanzinstitute die Kapitalflüsse ausweiten, Schutzmaßnahmen verstärken und die Berichterstattung über die Auswirkungen auf die Biodiversität ebenso zum Standard machen wie die Offenlegung von CO2-Emissionen.

 

Hazem Krichene  
Allianz Investment Management SE

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Markus Zimmer
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